PURER LUXUS

 

Der Komplexität dieser Welt folgend, gemäß dem philosophischen Prinzip „Wie oben, so unten“, werden diese Gemälde Schicht für Schicht gemalt.

Nach dem Muster der Erschaffung des Lebens  –  von Grund und Struktur aus, Auftrag für Auftrag, Durchgang für Durchgang immer mehr Farbe, Volumen, Emotion annehmend, entsteht ein Abbild der Realität.

 

FARBEN VARIIEREN JE NACH LICHTEINFALL

 

Und genau wie das lebende menschliche Auge – mit farbigen und durchsichtigen Überlagerungen in unterschiedlicher Stärke, die das Licht brechen lassen, verändern diese Bilder beim unterschiedlichen Lichteinfall die Tiefe ihrer Farbgebung. Je nach Wetter, Lichttemperatur, Winkel und Stärke, reflektieren Farbschichten aus unterschiedlichen Tiefen und verändern die Tonalität des Bildes.

Farbpigmente wie vor 500 Jahren

 

Aus dem Handwerksstand kommend, war die Kunst der Renaissance an Verträge, Fristen und die Maxime der Kunstfertigkeit gebunden.

Und genau dieses streben nach Perfektion brachte sie auf ein neues Niveau in jeglicher Hinsicht.

Eine naturgetreue Zeichnung bildet selbstverständlich die Grundlage für jedes Bild der damaligen Zeit. Die Komposition und das Thema wurden bereits vom Auftraggeber bestimmt.

Doch bevor der Malprozess beginnt, braucht es minutiöser Vorbereitungen.

Genau wie im 16. jahrhundert, mischen wir jedes Mal die Pigmente neu an, ausschließlich mit natürlichen Zutaten

 

Farbpigmente sind unterschiedlich lichtbeständig und je hochwertiger die Pigmente, desto brillanter und dauerhafter die Ergebnisse: Es wird kein Ton beim Mischen verfälscht, sie altern gut und behalten dabei die maximale Leuchtkraft.

Und wie damals haben auch wir unsere Geheimnisse, in Bezug auf bestimmte Zusammensetzungen und Mischverhältnisse. Jeder, der sich einmal mit alten Überlieferungen befasst hat, weiß - vieles wird offengelegt, doch das Entscheidende wird stets ausgelassen. Die suche nach dem "Schlüssel" ist zugleich eine Prüfung.


In Anlehnung an Tafelbilder

Ein Tafelbild ist ein Gemälde, das auf eine Holztafel gemalt wurde. Sie wurden oft aus Eichenholz hergestellt. Es waren kleinere, häufig zusammenklappbare Darstellungen. Während der Renaissance erlebten sie ihre Blüte und wurden für private Sammlungen, Paläste oder Adelsresidenzen in Auftrag gegeben. Wohlhabende Familien gaben gern Altarbilder für ihre privaten Gebetsräume in Auftrag.

 

Foto: Michel Euler/Michel Euler/AP


Eine solide Grundlage

 

Die Verwendung von Leinwand als Untergund ist eine spätere Entwicklung und braucht eine besondere Vorbereitung. Ölfarben trocknen, im Gegensatz zu Wasserfarben, nicht aufgrund des physischen Prozesses (Verdunstens des Wassers), sondern aufgrund

chemischen Reaktionen zwischen Harzen, Pigmenten, Ölen

die in unterschiedlichen Bildschichten anders aussehen, da die Proportionen von einzelnen chemischen Bestandteilen von Schicht zu Schicht variieren.

Damit alle Prozesse reibungslos stattfinden können, muss der Träger über genügend Saugfähigkeit, Stabilität und Elastizität zugleich verfügen. Unser Malgrund besteht

aus mehreren unterschiedlichen Schichten Gesso

 

in variablen Verhältnis von Wasser, Harz, Kreide etc. zueinander. Die Balance zwischen Elastizität und Saugfähigkeit zu halten verlangt viel Fingerspitzengefühl – beim zu dichtem Untergrund trocknen die Farben nicht, im anderen Fall kann die Oberfläche abbröckeln.

Ist die Leinwand fertig grundiert, wird sie seiden-glatt geschliffen

Sobald das Gemälde fertig ist, verschmelzen die Grundierung und die zahlreichen Farbschichten zu einer Einheit. Das geschieht durch einen langwierigen chemischen Prozess. Dadurch bleibt die Oberfläche widerstandsfähig und elastisch. Selbst bei Temperaturveränderungen und Feuchtigkeit bleibt die Fläche stabil – das Abbröckeln, das manchmal nach längerer Zeit bei Ölgemälden passiert, tritt bei unseren Gemälden nicht auf.


Innschriften: Ein Brief an Betrachter

Sie sind ein typisches Merkmal der Kunstwerke der damaligen Zeit und dienen dazu, dem Betrachter Informationen über den Inhalt des Gemäldes, persönliche Botschaften, die Personen des Schenkers und/oder des Beschenkten zu übermitteln. Innschriften schaffen die Möglichkeit, das Werk auf einer tieferen Ebene zu verstehen, indem sie auf symbolische oder allegorische Bedeutungen verweisen und auf die beabsichtigte Interpretation geschickt lenken.

 

Kistritz, Altarretabel, Predella, um 1510 Abbild der Evangelisten


Eine malerische Schachpartie

 

Die Zeichnung wird auf den Malgrund übertragen und Anders als in der modernen Malerei malt man nicht darauf los.
Genau genommen, hat diese Art der Malerei ausgesprochen wenig mit dem zu tun, was die meisten Menschen unter „Malen“ verstehen – eine Art emotionale Entladung mittels Farbe. Das Expressive, ungehaltene, ist unserer Zeit sehr eigen, den Idealen, die vor 500 Jahren herrschten, aber gänzlich konträr. Es ist kein emotionaler Vorgang,

es ist eine sinnliche Schachpartie

Die erste Schicht besteht aus Grautönen und gibt das Licht-Schatten-Verhältnis vor. Sie kann bereits hier sehr detailliert ausfallen, muss aber nicht – das letztere hängt von weiterem Vorgehen ab. Bereits ab der ersten Farbschicht eröffnet jeder Schritt tausende Variationen und wer gewinnen will, muss weitsichtig handeln.

Im Laufe des Malprozesses entstehen bis zu 
30 Farbschichten pro Gemälde

 

Je mehr Erfahrung, desto kontrollierter jeder Zug. Und nein, das ist keineswegs eine Metapher. Wenn sich etliche Farbschichten überlagern, muss man von vornherein „berechnen“, wie der Ton, der in der 3. Ebene verwendet wird, später sich bei der 15 auswirkt. Ist er tief genug, um am Nachmittag, beim sanften Licht nicht mehr deutlich wahrnehmbar zu sein und beim klaren Sonnenlicht am Mittag leuchtend hervorzutreten?

Insgesamt werden lediglich sieben Farben benutzt

und untereinander gemischt, wobei es auch Schichten in reinen Primärfarben geben kann. Man kann sich einen Spaß daraus machen, die Anzahl der Kombinationen auszurechnen.